It’s not a man’s world. Hand drauf
Frauen sind im Durchschnitt risikoscheuer als Männer. Die geringere Risikobereitschaft führt unter anderem dazu, dass weibliche Führungskräfte in Deutschland auch heute noch zur Minderheit gehören. Bei Coface hat man dieses Ungleichgewicht erkannt. Das Unternehmen fördert deswegen gezielt weibliche Nachwuchstalente im Risikomanagement. Heute sind 34 Prozent aller Führungspositionen bei Coface mit Frauen besetzt – Tendenz steigend! Weshalb es jetzt wichtig ist, Frauen am Arbeits- und Kapitalmarkt zu unterstützen, berichtet die Wirtschaftswissenschaftlerin Alexandra Niessen-Ruenzi im Interview.
Frau Niessen-Ruenzi, investieren Frauen anders als Männer?
Ja, das kann man sagen. Der größte Unterschied liegt in der höheren Risikoaversion von Frauen. Im Durchschnitt gehen Männer mehr Risiken ein als Frauen, nicht nur im Hinblick auf Finanzen. Beim Vermögensaufbau und bei Geldanlagen zeigt sich das beispielsweise darin, dass Frauen vor dem Aktienmarkt zurückscheuen und tendenziell eher sichere Produkte wählen wie festverzinsliche Papiere.
Ein weiterer Unterschied ist, dass Männer häufiger mit einzelnen Aktien handeln. Das wird ihrer größeren Overconfidence zugeschrieben, also einem übergroßen Selbstvertrauen in die Qualität ihrer Informationen. Männer glauben oft, sie hätten „den“ Geheimtipp. Sie kaufen dann bestimmte Aktien oder spekulieren mehr. Das führt zu höheren Transaktionskosten. Wenn man nur auf die Umschlagshäufigkeit guckt, also auf den Quotienten aus Aktienhandel und Aktienbestand, dann stehen jedoch die Frauen besser da als die Männer. Frauen achten zudem stärker auf nachhaltige und soziale Kriterien.
Was ist der Grund für diese Unterschiede?
Eine Umfrage unter Studierenden hat ergeben, dass Finanzmärkte und Geldanlagen häufiger zwischen Vätern und Söhnen besprochen werden. Das Thema wird immer noch als Männerdomäne wahrgenommen. Frauen kommen oft erst sehr spät und aus Eigeninitiative mit dem Thema in Berührung. Das spiegelt sich dann häufig in den Finanzmarktkenntnissen wider.
Brauchen Frauen spezielle Finanzprodukte?
Aus finanzwirtschaftlicher Sicht ist das Unfug. Was Frauen brauchen, ist Finanzmarktwissen. Dafür müssen sie nicht jeden Tag den Wirtschaftsteil der Zeitung lesen. Für einen langfristigen Vermögensaufbau reicht es, einige Grundregeln zu kennen. Eine Regel ist, das Kapital breit zu streuen und nicht zu viel zu handeln. Gerade im Hinblick auf das große Thema Altersarmut von Frauen ist solch ein Wissen wichtig.
Hat das höhere Risiko für Altersarmut auch mit dem Anlageverhalten von Frauen zu tun?
Ja. Natürlich hängt dieses Risiko von vielen Themen ab, etwa vom Gender-Pay-Gap, also der schlechteren Bezahlung von Frauen, oder vom Gender Lifetime Earnings Gap, also von der Lücke zwischen Frauen und Männern beim Lebenserwerbseinkommen.
Frauen haben aufgrund von Familiengründung und Teilzeit einfach sehr viel weniger Einkommen, das sie ansparen können, um im Alter abgesichert zu sein. Was sie übrig haben, wird dann häufig noch wenig gewinnbringend angelegt. Wenn man die Niedrigzinsphase der letzten Jahre betrachtet, hat das gewaltige Auswirkungen auf den Vermögensaufbau im Alter.
Sollten Frauen untereinander mehr über Geld sprechen?
Unbedingt! Sogenannte „Finfluencerinnen“ versuchen, dem Thema über die sozialen Medien mehr Beachtung zu verschaffen. Es gibt auch jede Menge Workshops gezielt für Frauen. Studien haben gezeigt, dass diese besonders gut in einem geschützten Raum funktionieren, wo sich Frauen untereinander austauschen können. Dass Frauen sich zusammenschließen und mehr über Finanzthemen sprechen, halte ich für sehr zielführend.
Wie investieren Sie persönlich Ihr Geld?
Ganz einfach: breit gestreut in ETFs.